KUKENAN. A STORY TO BE TOLD …

Birgit Gepostet am

Kukenan. Ich muss den Beitrag von Christian noch einmal aufgreifen, denn die Geschichte von der Reise zu dem Hochplateau in dem schwer erreichbaren Winkel zwischen Venezuela, Brasilien und  Britisch Guyana hatte er uns schon einmal erzählt, Toska und mir, an Bord der MS Europa, irgendwo zwischen Papua-Neuguinea und den Philippinen. Die See war ein wenig rauh, das Schiff bewegte sich behäbig in den Wellen und die meisten Gäste an Bord waren schon ins Bett gegangen.

Wir saßen an der Bar, die Szenerie erinnerte mich ein wenig an Edward Hopper und seine einsamen Bilder, aber unsere Stimmung war eine ganz andere: Christian erzähl uns noch eine Geschichte, hieß es erneut. An seinem Gesichtsausdruck konnte ich erkennen, dass er etwas ganz besonderes im Kopf hatte und uns diesmal nicht die Wahl von Kontinent und Land überließ. „Kukenan. Kennt Ihr Kukenan?“ – Natürlich kannten wir es nicht, wie so vieles aus den letzten Winkeln dieser Welt. Die Barkeeperin brachte die Getränke, für Toska den Wein, für mich den Whiskey und für den Abenteurer die Coca Cola. Und so schilderte sich eine Reise und ein Erlebnis noch einmal von einer ganz anderen versponnen epischen Seite …

Wie jeder gute Erzähler, ließ auch Christian sich Zeit. Wir wurden zunächst in die Mitte des 19. Jahrhundert geführt zu den Brüdern Richard Moritz und Robert Schomburgk, die im Auftrag der British Geographic Society eine Forschungsreise nach British Guyana unternahmen. Sie berichteten von den dort lebenden Indianern und deren Berg, auf dem monsterhafte Urtiere leben sollten. Der schwierige Aufstieg und die Unwegsamkeit der Natur verhinderten, dass die Beiden sich ihr eigenes Bild von dem Hochplateau machen konnten. Ganz anders bei uns beiden Zuhörerinnen an der Bar, in deren Phantasie aus dem Nebel riesige Gruselwesen hervorkamen. Aber weiter ging die Geschichte …

… mit einen Sprung um ca. 80 Jahre in das letzte Jahrhundert. Diesmal war es Arthur Conan Doyle, der berühmte Schriftsteller und Erfinder von Sherlock Holmes, der das Thema aufgriff. Er entdeckte die Reiseberichte von Robert Schomburgk und schrieb darauf den Abenteuerroman „The Lost World“, 1912 erschienen, der in den Dschungel von Venezuela führt mit einem geheimnisvollen Plateau und mit gefährlichen Kreaturen.

Wir nippen an unseren Drinks und können nicht abwarten, dass Christian uns nun endlich von seinem Abenteuer erzählte. Aber wieder knüpfen sich 80 Jahre an. Er springt von England nach Amerika zu dem Bestseller Autor John Michael Crichton, den das Buch von Arthur Conan Doyle schon lange beschäftigt hatte und der daraufhin sein eigenes schrieb: das Drehbuch zu „Jurassic Park“, 1990 veröffentlicht und drei Jahre später verfilmt von Steven Spielberg.

Unsere MS Europa wiegt sich immer noch in den Wellen, nun schlafen gewiss alle Gäste an Bord, die Barkeeperin in der Ecke würde auch gern schließen, wäre sie nicht selbst an der Fortsetzung der Geschichte interessiert. Auch wenn sie sich diskret zurückhält, so scheint sie doch ähnlich gebannt zu lauschen wie wir. Bilder brauchen wir keine, die haben wir in unserem Kopf.

Nun holt Christian triumphierend aus: Tja, und dann ist er selbst mit kleinem Team dorthin, hat mit den Indianern verhandelt, dass er auf diesen heiligen Berg steigen durfte und ist hoch auf das unbekannte Terrain. Wir hören förmlich, wie das Geröll unter den Füßen knartscht und wie Vögel auffliegen, wenn sich die ungebetenen Wanderer nähern, die Natur hält ansonsten für uns den Atem an.

Mystisch muss es gewesen sein, dieser Anstieg zum Plateau, wohin die Gebrüder Schomburgk es nicht geschafft hatten. Es regnete permanent, doch plötzlich ging die Sonne auf und in dem Dunst sahen die Steinformationen aus wie Urwesen aus einem früheren Erdzeitalter. Für Toska und mich waren es Dinosaurier, ganz sicher, und unser Abenteurer vor uns hatte sie mit eigenen Augen gesehen in Kukenan,“the lost world“. Wie spannend.

Jede Geschichte besitzt ihren besonderen Ort und die besondere Atmosphäre, in der sie erzählt wird. Für uns, ganz fern von Zuhause auf einem Schiff mitten in der Südsee war es einfach einzigartig.

 

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