Das Abenteuer und Journalisten Paar Ella Maillart und Peter Flemming lässt mich noch nicht los. Ich bin auf einer besonderen Recherche. Ihre Reise 1935 ging von Peking bis nach Kaschmir, über 3.000 km durch verbotenes Gebiet. In meinem vorherigen Beitrag habe ich das Buch von ihr, Ella Maillart, vorgestellt. Nun habe ich das Pendant von ihm in der Hand: „News from Tartary“, 1936 von Peter Fleming in London erstveröffentlicht, wenige Monate vor seiner Reisepartnerin.
Was für ein Studienobjekt, zwei Bücher, zwei komplett unterschiedliche Charaktere, Lebensläufe, Mann und Frau, ähnlich alt, eine Reise. Vielleicht komme ich so dem Abenteuer und den Abenteurern auf die Spur. Was trieb sie an, wie denken und handeln sie in gleichen Situationen, wie beschreiben sie das gemeinsam erlebte? Aufregend.
Peter Fleming ist Eton Schüler, eine Spezies für sich, bestimmt für die große Karriere oder man bleibt das schwarze Schafe der Familie und geht seinen eigenen Weg. Peter entschied sich Reisejournalist zu werden und schrieb für die angesehene TIMES als Sonderkorrespondent, ein kluger Mittelweg, ein Ausweg.
Und schreiben kann er wirklich, das Buch ist ein Genuss, schon gleich auf Seite 3 des Vorwortes lässt er verlauten: „I have never admired, and very seldom liked, anything that I have written …“ Das läßt so einiges erwarten für die kommenden Kapitel. Immerhin hat er sich der Wahrhaftigkeit verschworen und ebenso seine Reisepartnerin, wenigstens das haben sie gemeinsam.
Unverblümt kommt er dann auch gleich zur Sache, dass es gar nicht so einfach ist, die Abenteuer zu rechtfertigen: „The trouble about journeys nowadays is that they are easy to make but difficult to justify.“ Damit bin ich mit meiner Untersuchung schon ein verblüffendes Stück weiter, und muss eingestehen, meine ständige Forderung nach der „Mission“ greift ins Leere. Es scheint, als reicht als Erklärung ganz schlicht und einfach der Egoismus: „just because we wanted to …“.
Der Abenteurer will also nicht die Welt retten, er ist weder Anthropologe, noch Archäologie, kein Geologie und, wie Peter 1935 sachlich feststellen muss, zu entdecken gab es eigentlich auch nichts mehr auf dieser Reise. „Our selfishness was of course the operative factor.“
Nun haben wir den Anlass, der überraschend wenig Anlass ist. Wann fängt solch ein Abenteuer an? Auch hier gibt Fleming eine knappe Antwort, die sich wesentlich von den ausführlichen Vor-Recherchen von Maillart unterschiedet: „I find it easier to open my account of it at the moment when I first realized, with a small shock of pleasure and surprise, that it had actually begun.“
Er stellt Wetten an, ob sie es schaffen werden, ihr Ziel zu erreichen oder nicht, 20:1 stehen die Chancen, dass sie es nicht schaffen. Erhöht es die Herausforderung? Es scheint so. Ein Spiel, das auch Ella zu spielen versteht, obwohl für sie der Weg das Ziel ist, und der kann so lange dauern wie er möchte. „… meine Angehörigen, meine Freunde haben gelernt, ohne mich auszukommen; mein Fernsein, meine Isoliertheit haben mich nachgerade gelehrt, dass ich für die ‚Lebensordnung‘ entbehrlich bin!“ (Ella Maillart)
Sie wären am liebsten allein gereist, jeder für sich, es taucht mehrfach explizit in ihren Büchern auf. „It was against our principles. (Ella’s) last book had been called Turkistan Solo; my last book had been called One’s Company. If we felt foolish starting together, what would be made to feel when we came back?“ (Peter Fleming)
So ist es ein spannendes Unterfangen, beide Bücher parallel zu lesen. Und man wird sogleich feststellen, wie sich Klischees auflösen und verflüchtigen zu einem großartigen Miteinander, dass der berühmte Bruder von Peter, Ian Fleming, stibitzte, um daraus, so der heimliche Verdacht, seine James Bond Story zu entwickeln.
Mehr wird nicht verraten, um die Spannung aufrecht zu halten, für jene, die es selbst lesen wollen. Beide Bücher gibt es antiquarisch aber auch neuaufgelegt im Taschenbuch Format.